Die vollkommene Planbarkeit des Lebens oder auch nur einiger
seiner Bereiche ist vollkommen illusorisch. Nichts und Niemand kann uns
garantieren, dass wir ein Vorhaben in einer gewünschten Zeit erfolgreich
abschließen können. Eigentlich gibt es nicht mal eine Garantie dafür, dass wir
ein Projekt überhaupt zu Ende bringen werden.
Auch ich muss mich dieser Wahrheit stellen. Zum Glück
betrifft es ein Projekt; für das ich mir ohnehin kein Zeitlimit gesetzt hatte.
Es geht um die Wiederaufnahme des regelmäßigen Joggens. Wie ich in meinem
Artikel „Früher bin ich mal gelaufen“
erwähnt hatte, litt ich unter einem Läuferknie, das mich zu einer langen,
langen Pause zwang und meine Fitness von damals ziemlich gut auf heute kaum
vorhanden reduzierte. Ich habe jetzt das Training wieder aufgenommen. Leider
ist das Läuferknie wieder da.
Den Lauf selbst ( 6 Kilometer) habe ich ohne Beschwerden
überstanden. Als ich dann aber mittags in der Firma in die Pause ging, bemerkte
ich schon auf dem Weg nach unten, auf der Treppe, einen stechenden Schmerz im
linken Knie. Auf meinem halbstündigen Mittagsspaziergang wurde der Schmerz dann
immer schlimmer, so dass ich nach der Hälfte auf einer Parkbank Pause machen
musste.
Den Weg zurück ins Büro schaffte ich schließlich nur noch
humpelnd. Ich musste einsehen, dass ich beim Wiedereinstieg den zweiten Schritt
vor dem ersten gemacht hatte. Ich werde also etwas ändern müssen, um mein Ziel,
wieder ausdauernder zu werden, doch noch zu erreichen. Im Grunde wusste ich ja
schon vorher, dass eine reine Laufpause vermutlich nicht den gewünschten Erfolg
bringen würde. Stattdessen werde ich nun wohl oder übel den langwierigen Weg
nehmen und meine Muskulatur kräftigen und dehnen.
Das ist nun allerdings einfach. Keine Deadline, kein
Problem. Was aber, wenn bei einem termingebundenen Projekt etwas dazwischen
kommt? Dann kann man einerseits Glück haben, und die 20% Zeitaufschlag, die von
vornherein mit eingeplant waren, reichen aus, um die Störung abzufedern. Ihr
plant doch grundsätzlich 20% mehr Zeit ein, als Ihr zu benötigen glaubt, oder?
Nicht? Um Gottes Willen, wollt ihr den Stresstod sterben? Also künftig dran
denken: IMMER 20% (mindestens) als reine Zeitreserve einbauen, wenn Ihr ein
Projekt plant, dass zu einer bestimmten Zeit fertig sein muss.
Andererseits ist es natürlich auch möglich, dass die Störung
eben nicht durch Eure Zeitreserve abgepuffert werden kann. Die Deadline lässt sich
zu allem Überfluss auch nicht verschieben. Was tut Ihr dann? Schreiend
davonlaufen wäre eine Option. Viele tun das.
Für alle anderen empfehle ich die Anwendung des Pareto-Prinzips
.
Dieses Prinzip besagt, dass 80 % der Ergebnisse in 20 % der Gesamtzeit eines
Projekts erreicht werden. Die Gültigkeit dieser Regel ist vielfach nachgewiesen
worden und die Aufteilung gilt auch für viele andere Bereiche. Hängt also eine
Deadline wie ein Damokles-Schwer über Euren Köpfen, dann schaut Euch an, welche
Eurer Bemühungen den 20% aus der Pareto-Regel entsprechen. Diese
hochproduktiven und ergebnisorientierten 20% sind natürlich bei jedem Projekt anders,
aber es gibt sie immer. Das Projekt zu analysieren und zu schauen, womit Ihr
bei der Umsetzung wie viel Zeit verwendet, ist der erste Schritt. Wenn Ihr das habt,
fragt Euch, was davon auf gar keinen Fall weggelassen werden kann, um ein akzeptables
Ergebnis zu erzielen.
Man sollte jetzt nicht davon ausgehen, dass es immer genau
20% sind, aber gemittelt ergibt sich dieser Wert. Das bedeutet, Ihr könnt in
Einzelfällen sogar wesentlich mehr Zeit einsparen, in anderen Fällen dagegen
etwas weniger. Viel ist es aber immer.
Umgekehrt könnt Ihr dann davon ausgehen, dass bei allem, was
übrig bleibt, erhebliche Zeitersparnis durch Weglassen drin ist. Ihr bekommt
dann zwar unter Umständen kein hundertprozentiges Ergebnis mehr, sondern nur
ein achzigprozentiges, doch das ist angesichts eines drohenden Scheiterns des
ganzen Projektes absolut vertretbar. Überlegt mal: Ihr wollt Euer Auto
reinigen. Dazu fahrt Ihr zuerst durch die Waschstraße, geht anschließend mit
dem Staubsauger durch den Innenraum nachdem Ihr schon die Fußmatten ausgeklopft
habt, und dann noch mit dem Staubtuch über die Armaturen. Danach sucht Ihr die
Karosserie nach Wasserflecken ab, die Ihr penibel abwischt.
Dauert insgesamt ziemlich lange. Das Problem: Ihr habt nur
eine viertel Stunde Zeit, weil Ihr dann los müsst, um Euren Chef abzuholen, bei
dem Ihr einen guten Eindruck machen wollt. Zu spät Kommen ist da
selbstverständlich keine Alternative. Wie wäre also ein akzeptables Ergebnis zu
erzielen, ohne sich zu verspäten?
Nun, in diesem Fall würde ich meinen, einmal durch die
Waschstraße und kurz die Fußmatten ausklopfen sollte reichen. Damit sind die
auffälligsten Verschmutzungen beseitigt, das Auto glänzt schon aus der Ferne
sichtbar und macht einen gepflegten Eindruck.
Das Saugen dauert, wenn ich es mache, gut 12 Minuten. Noch
mal mindestens fünf Minuten kann man mit dem Poliertuch versemmeln. Das sind
schon fünfzehn Minuten, die nur für den letzten Schliff benötigt werden. Das
Durchfahren der Waschstraße dauert dagegen gerade einmal fünf Minuten, wenn es
hoch kommt. Das Ausklopfen der Matten ist in drei Minuten erledigt. Innerhalb
von acht Minuten kann man also fertig sein – oder eben in 8+17=25 Minuten, wenn
man es perfekt machen will.
Ach ja, zurück zu meinem Laufprojekt. Wenn ich das unter dem
Gesichtspunkt des Pareto-Prinzips betrachte, dann ergibt sich folgende
Erkenntnis: Um fit zu werden, kann ich z.B. dreimal die Woche vierzig Minuten
laufen und danach eine Zwangspause von drei Monaten einlegen, weil mein Knie
mich umbringt, was dann einem Zeitaufwand von neun Wochen für null Ergebnis
entspräche.
Wenn ich dagegen die nächsten 4 Wochen darauf verwende,
meine verkürzte Muskulatur zu dehnen und durch Übungen die muskulären Dysballancen
zu beseitigen, kann ich in der fünften Woche wieder mit einem moderaten
Training beginnen und es dann langsam von Woche zu Woche steigern, während ich
die Übungen selbstverständlich weiter mache.
Zwei Wochen später werde ich dann schon wesentlich
ausdauernde sein, als jetzt. Ich habe also nach sieben Wochen einen Erfolg zu
erwarten, den ich andernfalls nach neun Wochen nicht nur nicht hätte, sondern
auch noch auf unbestimmte Zeit weiter in die Zukunft verschieben müsste.
Pareto Rocks!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen